Review D.M.S.D.- DA MUSS SALZ DRAN - HISTAMIN

Album Review: D.M.S.D.- DA MUSS SALZ DRAN - HISTAMIN

VIEL FREIRAUM FÜR INTERPRETATIONEN

D.M.S.D. wollten mit HISTAMIN ein Album erschaffen, das sowohl sie als Band repräsentiert, als auch jeden einzelnen Hörer auf seiner eigenen Ebene abholt und mitnimmt. Heraus kam ein Werk, das auf vielen verschiedenen Ebenen wahrgenommen werden kann und deshalb bei jedem Hörer ganz eigene Eindrücke und Emotionen hervorrufen kann. 

HISTAMIN UMFASST 12 TITEL:
1) Histamin
2) D.M.S.D.
3) Was ich weiß
4) Fallschirmspringer
5) Wenn ich geh
6) Seitenwechsel
7) Schenk mir dein Herz nochmal
Kein Weg zu weit
9) Alles im Wunderland
10) Wenn du weinst
11) Meine alte Zeit
12) Nicht mein System

ALLERGIE GEGEN FREMDBESTIMMUNG

„Histamin“ beschreibt den Moment, wenn der Körper oder auch der Geist das Leben abstößt, das einem von außen vorgegeben wird. „Ich wird das Feuer in mir selbst befreien“- dieser Textauszug sagt eigentlich schon alles. In dem Moment, in dem man sich entschließt seinen eigenen Lebensentwurf zu leben, wird die Welt größer, heller und aufregender. Der Sound ist ebenso motivierend, wie der Text. Der Song beginnt bereits mit einer Art musikalischem Feuerwerk, bestehend aus Gitarrenriffs die den Hörer packen und mitreißen und Schlagzeug, das nicht nur als Taktgeber fungiert, sondern sich auch einfach mal in den Vordergrund rückt. Der Sound flacht übrigens an keiner Stelle des Liedes ab.
Dass sie Humor haben, beweisen D.M.S.D. mit dem gleichnamigen Song. Damit nehmen sie sich nämlich ein Stück weit selbst auf die Schippe und spielen gekonnt mit ihrem Namen.
„Was ich weiss“ beschäftigt sich wie „Histamin“ mit einer Art Abwehrreaktion oder auch mit dem, was ich als Punkattitüde bezeichnen würde: Sein eigenes Ding durchziehen und sich nicht der Masse unterordnen, auch wenn dieser Weg steinig sein kann.

WAR FRÜHER ALLES BESSER?

Bei „Fallschirmspringer“ handelt es sich um eine Art Rückschau in eine Zeit, in der vieles noch einfacher war und man sich noch nicht zu viele Sorgen machte, weil es eine Art Grundvertrauen gab, dass alles schon gutgehen wird, wodurch ein großes Maß an Freiheit möglich war. Diese Freiheit setzen D.M.S.D. auch musikalisch um, denn wenn man den Song hört, stellt sich dieses Gefühl irgendwie automatisch ein, zumindest bei mir. Das ist aber etwas, was sich ganz schwer beschreiben lässt und was ihr am besten selbst hören (und fühlen) solltet.

PHILOSOPHISCH UND TIEFGRÜNDIG

„Wenn ich geh“ schlägt vor allem textlich melancholischere Töne an. Der Text ist in seiner Metaphorik der stärkste des Albums, wobei es einige andere gibt, die nahe dran sind. Als ich den Song das erste Mal gehört habe, dachte ich: „Irgendwie passt das Alles gar nicht zusammen“ – und das ist es genau, was den Text ausmacht. Er handelt nämlich davon, dass man sich in der Vorstellung einer Beziehung vollkommen verliert, die so, wie man das wollte, niemals stattfindet. Dieser Verlust des eigenen Selbst ist letztlich so stark, dass sogar ein kompletter Ausstieg aus dem eigenen Leben in Betracht käme. Hier kommen jetzt die Widersprüche ins Spiel, denn die spiegeln eben genau das wieder, was ein Mensch in dieser Situation fühlt und das ist nun mal oft nicht logisch und auch widersprüchlich. Musikalisch ist der Song übrigens nicht ruhig, wobei die Instrumente stellenweise in den Hintergrund treten und Sänger Dirk und seiner Stimme Raum lassen, um all die Gefühle zu transportieren und teilweise auch rauszuschreien.

„Seitenwechsel“ wurde schon vor einer Weile veröffentlicht, weshalb ich dazu jetzt nichts mehr sagen muss und gleich zu „Schenk mir dein Herz nochmal“ kommen kann. Dieser Song ist die einzige Ballade und damit natürlich ziemlich ruhig, Ich mag die ruhigeren, akustischen Töne und auch den Text, der von einer gescheiterten Beziehung handelt. Zum Ende hin wird es dann doch noch ein bisschen lauter und man spürt den Schmerz sowohl im Gesang als auch im Instrumentalteil,

JEDER MENSCH BRAUCHT EINEN FIXPUNKT

Ich weiß, „Kein Weg zu weit“ wurde schon veröffentlicht, aber da ich den Song wirklich sehr liebe, muss ich doch noch was dazu sagen. Dieses Lied ist eine musikalische Liebeserklärung an den/die/das, der/die/was immer für einen da ist und einen auch auffängt, wenn man dabei ist, sich selbst zu verlieren. Es geht also sozusagen um eine Art Leuchtturm oder Fels in der Brandung und das könnte neben einem Menschen zum Beispiel auch die Musik sein. Und obwohl ich mich gerade vermutlich sehr schnulzig angehört habe, tut der Song das nicht – der strotzt nur so vor Energie.

„Alles im Wunderland“ ruft dazu auf, sich Gesellschaftlichen Zwängen nicht zu unterwerfen und sich nicht fremdsteuern zu lassen. Rhythmus und Melodie geben genau die Kraft, die man dazu braucht, um sich immer wieder neu zu dieser Entscheidung zu motivieren.

EIN SONG DER ZU TRÄNEN RÜHRT

Bei „Wenn du weinst“ wird es noch einmal sehr gefühlvoll und auch höchst metaphorisch. Der Song hat mehrere Ebenen, so dass er vermutlich jeden Hörer auf eine ganz eigene Art erreicht. Hier wird ein Kind angesprochen und das Lied setzt sich sowohl mit „Sternenkindern“ auseinander, als auch mit all jenen, die zwar das große Glück haben, weiterleben zu dürfen, aber deren Seele auf der Strecke bleibt und auf die eine oder andere Art getötet wird. Die Unschuld des Kindes geht verloren, die Kinderwelt „zerbricht in tausend Farben“ und auch als Erwachsener bleibt immer noch ein Teil des Schmerzes zurück. Dieses Lied geht tief unter die Haut und bringt vermutlich nicht nur mich zum Weinen.

DAS ALBUM BIETET ABWECHSLUNG

„Meine alte Zeit“ ist einer der ältesten Songs auf dem Album, weshalb er sich noch etwas einfacher, aber nicht schlechter anhört. D.M.S.D. haben sich während der Arbeit an HISTAMIN musikalisch immer weiterentwickelt, was man teilweise eben auch an den einzelnen Stücken hört. Ich finde es aber sehr gut, dass sie die älteren Stücke trotzdem mit aufgenommen haben.

Bei „Nicht mein System“ wird es zum Abschluss noch einmal sehr gesellschaftskritisch. Der Song ist übrigens nicht unbedingt politisch gemeint, denn unter einem System kann man ja sehr viel verstehen. Was genau, muss jeder für sich selbst entscheiden. Musikalisch steht hier für mich noch einmal der Gesang im Vordergrund, der stellenweise sehr wütend klingt.

FAZIT

HISTAMIN ist ein Album, das man sich mehrmals anhören sollte, denn auf den ersten Blick entgehen einem mit Sicherheit einige Details. Außerdem glaube ich, dass einige Songs, je nach Situation in der man sie hört, anders wirken und unterschiedliche Emotionen auslösen. Für mich ist es auf jeden Fall ein Album, dass gute Laune auslöst (sogar wenn man es morgens um halb Fünf hört) und dazu motiviert, sich von nichts und niemandem und nicht mal von sich selbst unterkriegen zu lassen, sondern seinen eigenen Weg zu suchen und zu gehen. Musikalisch ist vielleicht stellenweise nicht immer alles ganz rund, aber das macht das Ganze für mich nur um so authentischer, da es dadurch nicht „glattgebügelt“ klingt
.

Share by: